Viele Menschen vertrauen im Kampf gegen Haar- und Hautprobleme zunehmend auf die sogenannten Nutrikosmetika: Nahrungs(ergänzungs)mittel, Pillen oder Pülverchen, deren Wirkstoffe von innen für wahre Schönheit sorgen sollen.
Nutrikosmetik heißt der aktuelle Beauty-Trend, der so neu eigentlich gar nicht ist: Schließlich strahlten schon vor Jahrzehnten Frauen in der Werbung über die tolle Wirkung von "Merz Spezial Dragees" für schöne
HautDie Haut (griech. Derma, lat. Cutis) ist mit einer Gesamtfläche von ca. zwei Quadratmetern das größte menschliche Organ.
mehr und Haare. Und schon damals verkündete der Hersteller, dass wahre Schönheit von innen käme.
Allerdings hat sich das Verständnis von Schönheit im Laufe der Jahre verändert: Heutzutage bedeutet Schönheit nicht mehr nur schön auszusehen, sondern der Begriff steht ebenso für Vitalität und Gesundheit. Und um dem heutigen Ideal von ewiger Jugend zu entsprechen, greifen sowohl Frauen als auch Männer immer häufiger zu Mitteln, die sie jung und fit halten sollen. Schönheitsoperationen boomen mehr denn je, aber auch sanftere Methoden sind immer gefragter. Das haben auch die Kosmetik- und Lebensmittel-Industrie erkannt und bieten inzwischen eine ganze Palette an Pillen, Getränken oder gar Süßigkeiten an, die laut Hersteller wahre Wunder vollbringen können. Als Alternative zu chirurgischen Eingriffen sollen sie Cellulite beseitigen, Falten zum Schwinden bringen oder Körperzellen aktivieren und
freie RadikaleFreie Radikale sind Teile von Molekülen, die unter anderem durch UV-Strahlung und Tabakrauch entstehen.
mehr stoppen. Inzwischen sorgen Nutrikosmetika für mächtig Umsatz: Bereits 2006 ergab eine Studie eines US-amerikanischen Marktforschungsunternehmens, dass Deutsche 75 Millionen Euro für die Schönheitspillen ausgaben - in den USA waren es sogar zwei Milliarden Dollar. Doch was nützen die kleinen Helfer wirklich?
Was verbirgt sich hinter Nutrikosmetik?
Der Begriff Nutrikosmetik setzt sich aus dem englischen Begriff "Nutrition" (Ernährung) und dem Begriff "Kosmetik" zusammen. Darunter fallen Pillen und Dragees ebenso wie Nahrungsmittel, die mit bestimmten Wirkstoffen angereichert werden. So gibt es in Japan zum Beispiel Marshmallows mit Collagen, die gegen Falten wirken sollen. Ein anderes Beispiel ist das Schweizer Beauty-Wasser "Q10", das sich angeblich positiv auf die Körperzellen auswirken soll. Da Cremes oder Lotionen nur oberflächlich auf der Haut wirken (dürfen), soll Nutrikosmetik vor allem Haut- und Haarprobleme von innen heraus bekämpfen. Um das zu erreichen, orientieren sich die Hersteller an den natürlichen Wirkstoffen aus der Natur: So kommen meist künstliche Antioxidantien (Vitamin E, Betacarotin), verschiedene Pflanzenextrakte oder Isoflavone (pflanzliche Stoffe, die hormonähnlich wirken) zum Einsatz. Bislang gibt es keine aussagefähigen Studien darüber, wie effektiv diese Nahrungsergänzungsmittel sind, denn im Körper wirkt auch zusätzlich, was über die Ernährung und Umwelt zugeführt wird.
Nutrikosmetik: Pillen schlucken oder doch lieber in den Apfel beißen?
Ernährung beeinflusst die Haut, das ist wissenschaftlich erwiesen. Experten raten deshalb, genügend frisches Obst und Gemüse zu sich zu nehmen und auf Rauchen und übermäßigen Alkoholgenuss zu verzichten. Eine Studie der Berliner Charité belegte, dass eine Diät, die reich an Obst und Gemüse ist, der Hautalterung entgegen wirkt. Das liegt vor allem an den Antioxidantien, die in der gesunden Nahrung enthalten sind. Prof. Dr. Jürgen Lademann, Leiter des Bereichs für experimentelle und angewandte Physiologie der Charité in Berlin, erklärte das im YaaCool-Interview so: "Die freien Radikale, die durch Umwelteinflüsse wie zum Beispiel
UV-StrahlungUV-Licht (ultraviolettes Licht) oder UV-Strahlung (Ultraviolettstrahlung) ist eine unsichtbare elektromagnetische Strahlung, die entweder durch die Sonne oder künstlich mit Hilfe spezieller UV-Lampen (zum Beispiel im Solarium) erzeugt wird.
mehr in unserer Haut gebildet werden, können durch Antioxidantien neutralisiert werden. Und zwar bevor sie ihre schädigende Wirkung entfalten und zu Hauterschlaffung führen können." Der Berliner Wissenschaftler rät, den Pillen frische Lebensmittel vorzuziehen. Denn auch das ist wissenschaftlich erwiesen: Vitamine, die auf natürliche Weise entstehen - also im Obst oder Gemüse "wachsen" - sind in ihrer Wirksamkeit den isolierten, künstlich hergestellten Substanzen deutlich überlegen. "Nach allem, was man bisher weiß, sind eine gesunde Ernährung und ein gesunder Lebensstil die besten Methoden, die Haut lange jung zu halten", sagt Lademann weiter.
Kann Nutrikosmetik trotzdem helfen?
Auch wenn klar ist, dass Obst und Gemüse wirkungsvoller sind, kann Nutrikosmetik kurzfristig Unterstützung leisten - vor allem, wenn ein hektischer Alltag kaum zulässt, sich frisch und ausgewogen zu ernähren. Die geschluckten Pillen können einem Mangel vorbeugen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Wirkstoffe ausgewogen und bioverfügbar sind. Das heißt, dass sie in optimaler Dosierung über den Magen-Darm-Trakt ins Blut gelangen und damit auch die Haut erreichen. Zudem ist wichtig, auf die Zusammensetzung der Wirkstoffe zu achten, denn wer auf bestimmte natürliche Stoffe allergisch reagiert, bei dem kann auch ein ähnlicher, chemisch erzeugter Stoff allergische Reaktionen auslösen. Einige Antioxidantien, die in den essbaren Schönheitsprodukten enthalten sind, stehen sogar im Verdacht krebserregend zu sein - zumindest, wenn diese in zu großen Mengen aufgenommen werden. Und auf Isoflavone sollten vor allem Frauen in den Wechseljahren verzichten, denn laut dem Bundesamt für Risikobewertung stehen die hormonähnlichen Stoffe im Verdacht, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Wer unsicher ist, welche Schönheits-Pille wirklich gut ist, der sollte vor der Einnahme also auf jeden mit seinem Hausarzt darüber sprechen.